Top-Talente gewinnen: Active Sourcing statt Fachkräftemangel

Der viel zitierte Fachkräftemangel und die fortschreitende Digitalisierung haben den Arbeitsmarkt verändert: Hochqualifizierte Fachkräfte bewerben sich nicht mehr aktiv – sie erwarten, dass die besten Jobs gezielt zu ihnen kommen.

Was versteht man unter einem Top-Talent?

Zu Beginn stellt man sicherlich die Frage: wer fällt überhaupt in die Kategorie Top Talent. Gute Frage. Für mich ist ein Top Talent eine Person, die ohne Probleme einen Job finden würde, sofern diese Person auf der Suche ist. Warum findet diese Person überall einen Job? Weil die Qualifikationen, die bisherigen beruflichen Erfahrungen und die Persönlichkeit und das Mindset gemeinsam ein stimmiges Bild ergeben und man bereits beim Lesen des CVs und im ersten Telefonat den Eindruck hat, diese Person passt super ins Team und hat Lust sich neuen Herausforderungen zu stellen. Klingt fast nach der sagenumwobenen Eier-legenden-Woll-Milch-Sau oder?

Warum klassische Stellenanzeigen oft nicht mehr wirken

Ja und nein, denn wenn man einfach nur eine (sorry für meine launische Polarisierung) gewöhnliche Stellenanzeige, mit zusammenkopierten oder KI-generierten, nichtssagenden Texten auf seiner eigenen Homepage oder einer der einschlägigen Jobportale veröffentlicht, kann man schnell den Eindruck gewinnen, „die Personen, die ich suche, gibt es einfach nicht“ bzw. „ich bin ein Opfer des Fachkräftemangels“. Ganz verkehrt ist das sicherlich nicht. Allerdings darf man sich seiner Situation nicht einfach tatenlos ergeben. Bevor man die weiße Fahne hisst, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, doch eine optimale, passgenaue Besetzung für die offene Stelle zu finden. Wichtig dabei ist zu verstehen, wie die Zielgruppe tickt. Im Vertrieb ist das eine der essenziellen Aufgaben, damit das Marketing nicht wirkungslos ist. In der Personalbeschaffung / im Recruiting muss man sich auch in die Lage der Person hereinversetzen, die man einstellen möchte.

Personas: In die Welt der Bewerber eintauchen

Es gibt unterschiedliche Konzepte, nach denen man vorgehen kann. Ich persönliche arbeite gerne mit Personas. Das Personas Konzept hilft mir in die Welt des Bewerbers einzutauchen. Warum das so wichtig ist? In der Regel sind die besten Führungskräfte, Spezialistinnen oder Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter, nicht aktiv auf der Suche nach einem neuen Job. Auch wenn viele immer eher genervt und unzufrieden von Ihrem aktuellen Job sprechen, heißt das nicht automatisch, dass jeder aktiv auf der Suche ist. Zum Glück, denn wenn jeder bei der kleinsten Unzufriedenheit den Job wechseln würde wäre das sicherlich kein Umfeld in dem langfristig Wachstum entstehen kann.

Wechselbereitschaft erzeugen: Den richtigen Trigger finden

Also muss man sich in die Lage der Bewerber hineinversetzen und eine schlüssige Argumentation aufbauen, warum es – obwohl man nicht auf Jobsuche ist – jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich in das Abenteuer eines Bewerbungsprozesses zu begeben. Ziel ist, dass man die berufliche und private Situation versucht bestmöglich zu antizipieren, um einen Trigger zu identifizieren, der den Wunsch des Wechsels auslöst.

Active Sourcing: Proaktives Recruiting statt Warten auf Bewerbungen

Hat man sich ausreichend damit beschäftigt, stellt sich die Frage, wie man nun am besten mit den Bewerbern in Kontakt tritt. Hier kehrt sich das klassische Bewerbungsverfahren um, der Arbeitgeber geht aktiv auf potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten zu und motiviert sie, sich zu bewerben. Häufig, wird dafür eine externe Firma beauftragt, damit es nicht zu Interessenskonflikten kommt. Dieses Vorgehen bezeichnet man als Active Sourcing.

Herausforderungen und Grenzen im Active Sourcing

Man darf sich allerdings nicht dem Irrglauben hingeben und denken, dass man damit im Handumdrehen die neue Bestbesetzung für die offene Stelle erhält. Auch dieses Vorgehen erfordert vor allem eines: Kondition! Wie bereits oben beschrieben, sind viele Menschen glücklich, loyal und daher nicht wechselwillig. Da man nicht in die Leute hineinschauen kann, wird man im Active Sourcing auch diese Personen kontaktieren, bei denen es hoffnungslos ist. Die häufigste Reaktion aus dieser Personengruppe: keine Reaktion oder neudeutsch „ghosten“.

Erfolgsquote: Warum nur 20% der Kandidaten reagieren

Es wird aber immer mal wieder die Personen geben, die man genau im richtigen Zeitpunkt kontaktiert und die positiv und wertschätzend auf das besondere Angebot reagieren. Genau um diese 20% geht es, d.h. jede 5. Person die im Rahmen von gezielten, hochwertigen Active Sourcing Maßnahmen kontaktiert werden, sind bereit, sich aktiv mit dem Angebot und der neuen Stelle, dem potenziellen neuen Arbeitgeber auseinanderzusetzen. Und auch dann ist es noch ein langer Weg, bis es tatsächlich zur Einstellung kommt, die Quote der Abbrüche im Bewerbungsprozess liegt bei 40%. Das liegt u.a. an privaten Rahmenbedingungen oder daran, dass der alte Arbeitgeber, auf die bevorstehende Kündigung mit einer satten Gehaltserhöhung um die Ecke gekommen ist oder zu anderen Zugeständnissen bereit war, um die drohende Kündigung abzuwehren.

Fazit: Talente aktiv ansprechen statt passiv warten

Kurzum: dass man für eine offene Stelle, für die man eine Person mit Berufserfahrung sucht, proaktiv eine Bewerbung von einem Top Kandidaten erhält, passiert leider immer seltener. Und wenn passiert, ist das nicht selten auf sehr gutes Personalmarketing und schlagkräftige Modelle wie „Recommend a friend“ zurückzuführen. Immer populärer in allen Branchen wird das Active Sourcing und damit die Suche von Unternehmen nach Talenten und nicht andersherum.

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