Recruiting: Wenn Das Bauchgefühl wichtiger ist als der Lebenslauf

Wenn der Kopf das Bauchgefühl besiegt

Manchmal sind es die leisen Zweifel im Bewerbungsprozess, die sich später als Showstopper entpuppen. Sie können dazu führen, dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in der Probezeit zur besten Entscheidung wird.

Die Suche nach dem perfekten Match

Fehler einzugestehen ist schwer – besonders, wenn es um Neueinstellungen geht. Nach einer langen, nervenaufreibenden Suche wird man oft verleitet, Kompromisse einzugehen. Vielleicht ist es die Qualifikation, die nicht ganz passt, oder Gehaltsvorstellungen, die eigentlich ein „No-Go“ waren.

 

Und wer redet schon gern darüber? Solche Entscheidungen macht man nur zu gerne mit sich selbst aus, ohne großes Team-Feedback. Doch genau hier liegt die Gefahr: Wenn mehrere Personen in den Recruiting-Prozess eingebunden sind, können plötzliche Änderungen der Einstellungskriterien auf skeptische Rückfragen stoßen – und das schlechte Gewissen meldet sich. Neudeutsch nennt man das „Challengen“: Eure Prinzipien werden hinterfragt, und das Bauchgefühl schaltet sich ein.

 

Mein Tipp: Nehmt diese Anmerkungen ernst und notiert Eure Gründe für die Abweichung von Ideal-Kriterien. Diese Selbstreflexion – schriftlich festgehalten – kann später Gold wert sein. Und ja, merkt Euch, wo Ihr Eure Notizen speichert („In welcher meiner 500 Notiz-Apps steht das nochmal?“).

 

Ideal wäre es natürlich, wenn Ihr keine Kompromisse eingehen müsstet und trotzdem eine gut gefüllte Bewerberpipeline hättet. Doch das ist leider selten die Realität.

Das Bauchgefühl in Bewerbungsgesprächen

Ein gutes Bauchgefühl ist für mich die Grundvoraussetzung in Bewerbungsgesprächen. Wie sollte es auch anders funktionieren? Wenn das Herz oder der Bauch „Nein“ sagt, helfen auch die besten rationalen Argumente wenig. Auf dem Papier erscheint die Bewerberin als perfekt. Alle Qualifikationen stimmen überein, und auch die Referenzen sind ausgezeichnet. Doch wenn du mit ihr sprichst, hast du das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht ist es die Körpersprache, der Tonfall oder einfach nur eine allgemeine Intuition. 

 

Einer dieser „Aber“-Momente taucht immer wieder auf:

  • … aber die Gehaltsforderung ist grenzwertig.

  • … aber ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich diese Kundenkontakte hat.

  • … aber irgendwie war die Person nicht 100% sympathisch.

  • … aber passt sie wirklich ins Team?

Kennt Ihr solche Momente? Sie müssen nicht zwangsläufig zu einer Absage führen, sollten aber ernst genommen werden. Notiert diese Zweifel und bewertet sie für Euch. Nutzt ein HR-Tool, falls vorhanden und erstellt eine Entscheidungsvorlage. Diese sollte nicht nur formale Kriterien, sondern auch emotionale Eindrücke umfassen. Teilt die Vorlage idealerweise mit einer weiteren Person im Prozess.

Probezeit: Wenn die Intuition zurückkehrt

Ihr habt entschieden, die Person einzustellen. Rational war alles in Ordnung – und die Stelle musste endlich besetzt werden. Doch in den ersten Monaten meldet sich das Bauchgefühl zurück. Feedback aus dem Team und eigene Beobachtungen bestätigen Eure Zweifel. Ohje, was jetzt?

 

Hier kommt Eure Dokumentation ins Spiel. Habt Ihr Euch damals eine rote Linie gesetzt, die nun überschritten wurde? Dann ist es notwendig, konsequent zu sein – fair, wertschätzend, aber bestimmt.

 

Zweite oder dritte Chancen? Ja, die können manchmal sinnvoll sein. Doch meine Erfahrung zeigt: Wenn das Bauchgefühl bereits in der Interview-Phase Alarm geschlagen hat, bewahrheitet es sich oft. Der Turnaround bleibt aus, und die spätere Trennung wird umso schwieriger.

Konsequenz: Verantwortung im Recruiting übernehmen

Konsequenz ist nicht nur eine Frage der Professionalität, sondern auch der Verantwortung – gegenüber Euch selbst, dem Team und den Kunden. Manchmal bedeutet das: Hört auf Euren Bauch, er ist Euer ganz eigener Kompass – und handelt.

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